Informationen
zum Thema Vorhautverengung ("Phimose")


Die Ärzteschaft verunsichert manchmal Eltern, Kinder und Jugendliche, wenn sie behauptet, dass die Vorhaut in einem bestimmten Alter zurückziehbar sein muss, weil ansonsten eine Vorhautverengung ("Phimose") vorliegen würde, die einer Behandlung bedürfen würde. Im Folgenden finden Sie dazu Informationen, die in Übereinstimmung sind mit der aktuell gültigen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie (DGKJCH) zum Thema "Phimose und Paraphimose".


Diagramm Entwicklung Zurückziehbarkeit Vorhaut

Die Zurückziehbarkeit der Vorhaut entwickelt sich ganz von alleine bis zum Ende der Pubertät.

Das Eintreten der vollen Beweglichkeit der gesunden Vorhaut kann bis zum Ende der Pubertät dauern, ohne dass es eines Eingreifens durch die Medizin bedarf. Das sagt auch die aktuelle Leitlinie "Phimose und Paraphimose" der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie (DGKCH). Die fehlende Zurückziehbarkeit bei einem ansonsten gesunden Jungen führt heute laut Leitlinie zu keinem medizinischen Handlungsbedarf mehr. 


Echte medizinische Gründe für Beschneidung bei einem Jungen sind heutzutage selten.

Wie in der aktuell gültigen Leitlinie nachzulesen ist, stellt eine unkomplizierte Entzündung von Vorhaut oder Eichel ("Balanitis") keine Indikation für eine Beschneidung dar. Diese kann üblicherweise mit Salbentherapien behandelt werden. 

Auch das unkomplizierte Aufblähen der Vorhaut beim Wasserlassen ("Ballonieren") ist keine Indikation für eine operative Entfernung der Vorhaut. 

Eine seltene Indikation für eine Beschneidung kann z.B. die Hautkrankheit Lichen sklerosus sein, wenn diese auf wiederholte Salbentherapien nicht anspricht. 

Insgesamt gibt es aber heutzutage nur noch sehr wenige medizinische Gründe, die eine Vorhautentfernung an einem Jungen vor dem Ende der Pubertät rechtfertigen würden. 


Warnschild: Keine Retraktionsversuche am Penis eines gesunden Kindes

Die feste Verbindung von Vorhaut und Eichel ist beim Kind keine Krank­heit, sondern der natürliche Zustand.

Beim Kind sind die Innenseite der Vorhaut und die Eichel­ober­fläche fest miteinander verwachsen. Dies wird manch­mal (medizinisch unkorrekt) als "physiologische Phimose" bezeichnet. Wegen dieser Verbindung von Vorhaut und Eichel ist die Vorhaut natürlicherweise beim Knaben nicht beweglich. Daher gibt es auch gar keinen Bereich "unter der Vorhaut", der bei einem Kind verschmutzt sein könnte, oder den man waschen könnte.

Diese Verbindung löst sich von alleine bis zum Ende der Pubertät auf und darf davor auch keinesfalls zerstört werden. Versuche, die Vorhaut zu bewegen, dürfen daher nur von dem Kind oder Jugendlichen selbst unternommen werden. Eltern, Ärzteschaft und anderes medizinisches Personal dürfen keinesfalls Retraktionsversuche an einem gesunden Kind vornehmen. 


Icon: Phimose wird mit Kortisoncreme behandelt.

Wenn eine Vorhautenge dem Betroffenen selbst Beschwerden bereitet, gibt es mehrere Optionen.

Der Behandlungsbedarf einer Vorhautenge entsteht nicht aus dem reinen Fakt der Nicht-Zurück­zieh­barkeit, sondern ausschließlich dann, wenn die betroffene Person selbst darüber Beschwerden äußert. In diesem Fall hat sich die An­wen­dung von Kortison­salbe über mehrere Wochen bis Monate als sehr effektiv erwiesen. Kommerziell wird ein Set von Silikonringen mit ansteigen­dem Durchmesser angeboten, mit denen eine langsame mechanische Dehnung der Engstelle unternommen werden kann. 

Falls eine Operation an der Vorhaut einer mündigen Person unausweichlich ist, so gibt es chirurgische Techniken wie z.B. die Triple Incision ("Dreifacher Einschnitt", Welsch-Plastik), bei denen kein Vorhautgewebe entfernt werden muss. Leider beherrschen viele Chirurgen/innen diese Verfahren nicht, und bieten dann nur die radikale Vorhautentfernung an. 

Sollte eine Entfernung von Vorhaut­gewebe unumgänglich sein, so sollte diese – wie bei jedem anderen menschlichen Gewebe auch – immer so gering wie möglich ausfallen (Teil­beschneidung). Begründungen wie ein mögliches Rezidivrisiko oder die kosmetischen Vorlieben des/r Chirurgen/in sind keine Argumente, mit denen Patienten von der Ärzteschaft zu einer radikalen Entfernung überredet werden sollten, die dann unumkehrbar ist.


Icon für Schutz eines Kindes

Die aktuell gültigen medizinischen Leitlinien schützen die Vorhaut von Jungen.

Vor 20 Jahren war es in der Ärzteschaft noch eine übliche Ansicht, dass die Vorhaut eines Jungen bis zum Schuleintritt zurückziehbar sein muss. Daher wurde damals bei vielen Kinderuntersuchungen versucht, die Vorhaut eines Jungen zurückzuziehen, was oftmals schmerzhaft und traumatisierend war, und zu dauerhaften Schäden führen konnte. Jungen, bei denen die volle Zurückziehbarkeit nicht gegeben war, wurden dann fälschlicherweise mit einer Vorhautverengung ("Phimose") diagnostiziert und die Vorhaut operativ entfernt. 

Viele heute erwachsene Männer sind als Kinder aus dem oben beschriebenen Vorgehen heraus beschnitten worden. Zum Glück sehen das die heute gültigen medizinischen Leitlinien anders. 


ARGUS-Kinderschutz setzt sich dafür ein, dass die Ärzteschaft sich endlich an die aktuell gültigen medizinischen Leitlinien hält.

Icon ARGUS Schutzschild

Zu viele Kinderärzte/innen und Chirurgen/innen halten sich bis heute noch nicht an die aktuell gültigen medizinischen Leitlinien. Sie machen Retraktionsversuche an beschwerdefreien Kindern oder raten vorschnell zu einer radikalen Entfernung der Vorhaut. ARGUS setzt sich dafür ein, dass die Ärzteschaft besser zu diesem Thema aufgeklärt wird. 

Wenn Sie besonders gute oder besonders schlechte Erfahrungen mit ihrer Arztpraxis beim Thema Vorhaut gemacht haben, können Sie dies ARGUS gerne per Email mitteilen.


Lesen Sie mehr bei den Informationen zu den Funktionen der Vorhaut und den Risiken einer Entfernung im Kindesalter.

Nehmen Sie gerne auch an unserem Vortrag teil und erfahren Sie dabei alles Wissenswerte zum Thema Beschneidung.