Wenn man an Religionen mit einer Tradition der Kinderbeschneidung denkt, dann fallen einem meistens als Erstes der Islam und das Judentum ein. Es gibt aber noch weitere Glaubensrichtungen, die ähnliche Traditionen haben. ARGUS fokussiert sich auf die beiden genannten Religionen wegen ihrer zahlenmäßigen und inhaltlichen Bedeutung.
Eltern tun alles aus Liebe zu ihrem Kind, was bei ARGUS-Kinderschutz auch nie Frage gestellt wird. Im Rahmen der Kindererziehung nehmen einige Eltern an, dass die Beschneidung in ihrem kulturell-religiösen Hintergrund eine Verpflichtung ist. Zum einen gehen sie davon aus, dass die Religion ihnen dies vorschreibt. Zum anderen nehmen sie an, dass damit Vorteile verbunden sind, und es keine Risiken gibt, wenn ein geübter Arzt den Eingriff ausführt, was beides unzutreffend ist.
In den Religionen gibt es einigen Spielraum für Interpretation, in wie weit eine Kinderbeschneidung vorgeschrieben ist. Lesen Sie mehr dazu auf unseren Informationsseiten zum Islam und zum Judentum.
Beim Thema Kinderbeschneidung können kulturelle und religiöse Einflüsse kaum voneinander getrennt werden. Deshalb ist bei ARGUS immer von "kulturell-religiösen" Motiven die Rede.
Eltern geben manchmal die Religion als Grund für eine Beschneidung ihres Kindes an. Vielen dieser Eltern sind dann aber die religiösen Texte zur Kinderbeschneidung und deren Interpretationsmöglichkeiten kaum bekannt. Auch kommt es in der Praxis oft vor, dass Eltern selber gar nicht ausgeprägt religiös leben. Dies lässt sich zum Beispiel daran fest machen, ob fünf mal täglich (Islam) bzw. drei mal täglich (Judentum) gebetet wird, oder der Schabbat (Judentum) eingehalten wird. Wenn aber Eltern selber gar nicht ausgeprägt religiös leben, dann muss es andere Gründe als die Religion geben, die sie zu diesem Schritt am Kind veranlassen.
Zum einen können Eltern unter dem Druck von Verwandten und Freunden stehen, die von ihnen einen Eingriff am Kind einfordern. Auch ist der Eingriff manchmal mit Feierlichkeiten verbunden, die vom Umfeld erwartet werden. Zum anderen können Eltern das Gefühl haben, dass sie als Tribut an ihren kulturell-religiösen Hintergrund "wenigstens" den Eingriff am Kind schuldig sind.
Daneben gibt es unabhängig vom kulturellen Hintergrund auch Väter, die selber beschnitten sind, und dann verlangen, dass dies bei ihrem Sohn auch geschehen muss. Solche Väter normalisieren dann ihr eigenes, verändertes Genital durch den Akt am Kind, und können damit auch eigene Ambivalenzen neutralisieren.
Letztlich trifft auf alle Erklärungen zu, dass es weniger um die realen Bedürfnisse eines Kindes geht, sondern mehr um den inneren oder äußeren Druck, dem Eltern sich ausgesetzt fühlen.
Wir von ARGUS versuchen, Eltern den Rücken zu stärken, dass sie aus Liebe zu ihrem Kind abwarten können, bis ihr Kind selbst eine mündige Entscheidung über seinen Körper treffen kann.
ARGUS-Kinderschutz lädt alle kulturell-religiösen Gemeinschaften in Deutschland mit Beschneidungstradition ein, mit uns in einen Dialog zu treten.